Autofahrten verkürze ich mir grundsätzlich mit dem Hören von Radio Suisse Romande La Première und ihren tollen Sendungen. So kam es, dass ich kürzlich einen interessanten Beitrag über Lurche hörte. In der präsentierten Langzeitstudie wurde berichtet, wie Lurche in bestimmten Habitaten angesiedelt werden können. Je länger ich zuhörte, desto klarer wurden mir die Parallelen mit meinem Handwerk. Was haben also Lurche mit Übersetzung zu tun?
Fesselnd war der Bericht zweier Wissenschaftler, welche Strategien Amphibien als Reaktion auf Veränderungen ihres Lebensraums entwickeln und welche Massnahmen ergriffen werden können, um diese bedrohten Arten zu schützen.
In einer Langzeitstudie in der Schweiz konnten Wissenschaftler feststellen, dass das systematische Anlegen von Wasserkörpern die Besiedlung durch Amphibien begünstigt und unterstützt. Und zwar, je nach Auslegung durch die entsprechenden Spezien. Mit anderen Worten: Stellt man den Tierchen die passenden Habitate zur Verfügung, nutzen sie diese auch.
Die Parallele mit der Übersetzung wurde nun offensichtlich: Haben Nutzer und Nutzerinnen einen Ort, der ihren Bedürfnissen entspricht, nutzen sie auch das Angebot.
Auf dem Rückweg fiel mir das Paradoxon des fundamentalen Verkehrsstaugesetzes nach Anthony Downs ein. Demnach sorgen mehr Strassen nicht für weniger Staus, sondern paradoxerweise für mehr. Denn bessere oder mehr Wege ziehen auch mehr Verkehr an. Wie einst ein deutscher Politiker punktgenau sagte: «Wer Strassen säht, wird Verkehr ernten». Das war 1972. Bezogen auf die Online-Welt könnte man heute sagen (frei nach Hans-Jochen Vogel): Wer Zugriffsmöglichkeiten säht, wird Traffic ernten.
Auf gleicher Art und Weise wie bei den Lurchen und ihren Teichen: Bietet man der Leserschaft Wege an, werden diese genutzt. Oder anders gesagt, bauen Sie nicht Ihrer französischsprechenden Leserschaft einen Weg zu Ihrem Angebot, oder ist dieser Weg zu beschwerlich, bleibt sie einfach fern.
Vor Jahren erlebte ich einen Kunden, der lange nur eine notdürftige Webpräsenz auf Französisch unterhielt. Obwohl der Anteil an Kunden aus der Romandie so gering war, wurde nun doch beschlossen, die gesamte Webseite und nicht nur verwaiste statische Seiten übersetzen zu lassen. Nach kurzer Zeit wunderte er sich darüber, wie viele Kunden aus der Westschweiz auf einmal anklopften. Ich nicht.
Anderes beeindruckendes Beispiel: Ein Kunde, der seine Radreisen über eine 8-sprachige Webseite anbietet. Für seine Destinationen sahnt er fast ausschliesslich den Markt bei französischsprechenden Kunden ab. Aus Kanada, Frankreich, Belgien und der Schweiz buchen sie weitestgehend bei ihm: Er ist der Einzige, der seinen Webshop überzeugend auf Französisch gestaltet hat.
Was können wir von Lurchen und Verkehrsökonomen lernen? Dass die Zugänglichkeit erst die Nutzung ermöglicht. Wollen Sie also ein breites bzw. ein fremdsprachiges Publikum erreichen, ist die Bereitstellung von Texten in der entsprechenden Sprache ein entscheidendes Instrument.
Übersetzungen sind die Wege, die zu Ihrem Angebot führen. Und wenn diese Wege vernünftig ausgebaut sind – also wenn die Übersetzungen einen benutzerfreundlichen Auftritt ergeben –, machen Sie es Ihren Kunden leicht, Ihre Produkte und Dienstleistungen zu nutzen. Und das steigert das Engagement. Womit wir wieder beim Traffic wären.
Und für alle, die sich die Sendung CQFD anhören wollen, startet der Beitrag über die Lurche ab Minute 28:29 auf dem Podcast der RTS.
Über die Autorin
Bonjour! Ich bin’s, Christine Eulriet, begeisterte Französischübersetzerin. Mein Blog ist das Ticket für hinter die Kulissen meines Berufs: Wir schauen zusammen, worauf es ankommt, wenn Übersetzungen von mittelmässig zu wow werden sollen. Schlechte Übersetzungen? Nichts womit man leben muss: Hier erfahren Sie, wie Sie Ihren mehrsprachigen Auftritt beherrschen.
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Wenn es nicht 08/15 werden soll
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